KI oder Executive Search?

6. Juni 2023

Interview mit Christine Konlechner-Leeb bei Pedersen & Partners

Wie kamen Sie in die Gesundheitsindustrie? Wer waren die jeweiligen Beteiligten? 

Nach meiner Ausbildung an der Wirtschaftsuniversität startete ich zunächst als Brandmanagerin in der Uhrenindustrie für die SWATCH Group durch und kam erst einige Jahre später sozusagen als Quereinsteigerin in die Pharmaindustrie. Der Einstieg wurde damals unterstützt von Herrn Helmut Hasibeder, dem damaligen Geschäftsführer von Takeda Österreich.

Weitere wichtige Mentoren von damals waren mit Sicherheit Roman Gamerith und Clemens Schödl. Mit beiden bin ich nach wie vor in freundschaftlichem Kontakt.

Jetzt zum Headhunting. Was war das Motiv für den Wechsel in die Branche?

Ich habe zwanzig Jahre lang mit einigen der renommiertesten Unternehmen wie Abbott, Sanofi, Philips und Thermofisher Scientific auf internationaler Ebene gearbeitet und mich dabei stets um das kommerzielle Geschäft und Produkte gekümmert. Diese Unternehmen wollen die besten Teams und suchen folglich nach den am besten geeignetsten Mitarbeitenden im Markt – dem „Best Fit for the Team“.

Die Menschen im Unternehmen sind das Herzstück. Jedes Business ist nur so erfolgreich, wie die Menschen die es betreiben. Ich wollte mich mehr um Menschen als um Produkte kümmern – jetzt bringe ich Menschen und Unternehmen zusammen. Das gibt mir die Möglichkeit bei meiner Arbeit mit den smartesten, erfolgreichsten und interessantesten Menschen zu kommunizieren und jeden Tag Einblicke in neue Technologien zu erhalten und zu lernen.

Der Markt ist sehr dynamisch und wir erleben viele neue Entwicklungen, vor allem in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Deep Learning, Robotics Surgery, Nanotechnology, Radiomics, Genetics and Telemedizin. Es ist nie langweilig.

Wie sehen Sie die Branche generell und die aktuellen Entwicklungen im Moment? Prosperierend? Schleppend? Und woran liegt es?

Recruiting-Unternehmen dies seit vielen Jahren in Österreich vor allem im klassischen Pharma Bereich unterwegs sind, haben mittlerweile oft ein Problem wechselbereite Kandidaten und Kandidatinnen zu finden und Off-Limits Unternehmen werden in dieser Hinsicht ebenfalls zu einer Hürde.

Immer häufiger beauftragen auch österreichische Unternehmen Dienstleister die wirklich international arbeiten und damit eine umfassendere Sicht auf den jeweiligen Kandidatenmarkt bieten können. 

Die Life Science Branche in Österreich ist ein kleiner Markt. Viele Positionen, vor allem im wissenschaftlichen, aber auch im kommerziellen Bereich, können allein mit österreichischen Kandidaten und Kandidatinnen nicht mehr abgedeckt werden, wenn man die wirklichen Top Leute auf dem jeweiligen Gebiet möchte.Da braucht es mittlerweile einen etwas breiteren Blickwinkel.

Sehr oft hören wir von Marktteilnehmern, dass es immer schwieriger wird Stellen zu besetzen, in Ermangelung geeigneter Kandidaten und Kandidatinnen. Dieses Problem haben wir nicht. Ganz im Gegenteil. Durch unser internationales Netzwerk haben wir Kontakt zu wechsel- und auch umzugsbereiten Talenten. Österreich ist ein interessanter Standort.

Wie sehen Sie den Wandel in der Branche in Bezug auf Personal?

Headhunting hat sich stark verändert. Wir sehen hier eine dynamische Entwicklung. Ein transformativer Prozess, weg von der klassischen Personalberatung mit Psychologie-Schiene und Search & Select hin zu Branchenexperten als Sparring Partner für Besetzungsentscheidungen.

Die Suche nach Talenten ist im eigentlichen Sinn keine Leistung mehr. Es geht darum zu verstehen, was unsere Auftraggeber tatsächlich tun, sich in deren Technologien einzudenken und das tiefere Verständnis zu erlangen, um den Kompetenzcheck durchführen zu können. 

Dabei geht es selbstverständlich um die fachliche Kompetenz, aber noch viel mehr um die persönliche Kompetenz. Der Begriff der traditionellen „Position“ in die Menschen eingepasst werden sollen ist tatsächlich ein Auslaufmodell. Es geht um die Rolle an sich und welche individuellen Kompetenzen benötigt werden um diese erfolgreich ausfüllen zu können.

Haben Sie einen speziellen Fokus in ihrem Kundenportfolio?

Bei Pedersen & Partners haben wir uns in sogenannten Practice Groups aufgestellt. Client Partners mit demselben Themenschwerpunkt wie Life Science, Banking & Finance oder Real Estate treffen hier regelmäßig zusammen, um sich über neueste Entwicklung am Markt auszutauschen. Damit stellen wir sicher, dass wir unseren Klienten aus dem jeweiligen Sektor entsprechend fachliches Know-how anbieten können.

Persönlich arbeite ich sehr gerne mit Start-up, Scale-up und mittelständischen Unternehmen zusammen. Der direkte Dialog und Austausch mit den jeweiligen Teams ist spannend, direkt und persönlich. Es geht schließlich um die Menschen. 

Bei Pedersen & Partners streben wir generell nicht nach schnellem Erfolg, sondern nach nachhaltigen Beziehungen zu unseren Klienten, die auf Vertrauen, Beziehung und Professionalität aufgebaut sind. Beziehungen dieser Art wollen entwickelt werden.

Ihr Unternehmen ist multinational aufgestellt. Welchen Vorteil hat das für Ihre Kunden im dichten Markt des Executive Search?

Bei Pedersen & Partners arbeiten wir global als ein Team und können für österreichische Unternehmen auch Besetzungen für Niederlassungen im Ausland vornehmen und umgekehrt. Unsere Klienten haben jeweils einen oder eine lokale Ansprechpartnerin und wir kümmern uns intern um die jeweils erforderliche Kompetenz, egal für welche Geografie rekrutiert werden soll. Nach dem Motto: „Best Team Forward!“

Wir sind eine Executive Search und Board Level Search Firma. Man muss aber ganz klar sagen, wir besetzen selbstverständlich nicht nur C-level Position. Wir werden beauftragt, wenn es darum geht Schlüsselpositionen zu besetzen, die für die künftigen Entwicklungen im Unternehmen einen wichtigen Stellenwert haben. 

Das sind Positionen für die tatsächlich geeignete Kandidaten und Kandidatinnen eben nicht über ein Inserat gefunden werden können. Da braucht es schon etwas mehr Know-how, Projektfokus und ein entsprechendes Netzwerk im jeweiligen Bereich um hier mit einer Selektion von Toptalenten punkten zu können.

Welche Eigenschaften bzw. Vorbereitungen erwarten Sie von einem Bewerber. Wie tief muss die Vorbereitung sein?

Hier geht es nicht darum, wie gut vorbereitet jemand ist. Oft wissen unsere Kandidaten und Kandidatinnen noch gar nicht, um welches Unternehmen es konkret geht. Unsere Gespräche mit den Professionals laufen ja nicht ab wie klassische Interviews. Wir führen Gespräche auf Augenhöhe. Dabei ist uns auch wichtig, die Vorstellungen der Kandidaten zu verstehen. Wir bauen Brücken für Menschen und diese müssen von beiden Seiten fest verankert sein. Es geht nicht darum, jemanden zu vermitteln. Das wäre nicht nachhaltig.

Gilt Individualität im Persönlichkeitsprofil genauso viel als der „tadellose Lebenslauf“? 

Hier muss man sich die Frage stellen, was ist ein tadelloser CV? Der klassische Lebenslauf, wie er leider immer noch zu oft von vielen Personalern gewünscht wird, ist ebenfalls ein Auslaufmodell.

Es geht immer um die Person die dahinter steht und nicht darum, ob jemand für acht Monate durch Südamerika getrampt ist oder sich ein Jahr lang um die alten Eltern gekümmert hat.

Unterbrüche sind normal und haben keinerlei Aussagekraft über die Qualifikation einer Person, oder manchmal sogar sehr viel.

Wie wird sich Ihrer Meinung nach die Branche entwickeln? Werden sich die Unkenrufe über die Substitution durch Künstliche Intelligenz bestätigen?

In vielen Bereichen unterstützt die KI und andere technische Tools die Talent Acquisition Aktivitäten, vor allem großer Unternehmen, hervorragend. Eine Vielzahl von Bewerbungen auf Stelleninserate und über Karriereportale kann damit erfolgreich gemanagt werden.

Ich denke nicht, dass unsere Tätigkeit zu irgendeinem Zeitpunkt obsolet sein wird und dass unsere Arbeit durch KI ersetzt werden kann.

Headhunting ist nicht Konfektionsware, sondern Maßschneiderei.

ad Person: Christine Konlechner-Leeb widmet sich bei Pedersen & Partners den Mandaten in den Bereichen Life Sciences und Medizintechnik in Europa. Sie bringt dabei über zwanzig Jahre eigene Erfahrung aus dem Managementbereich von international tätigen Unternehmen wie Takeda, Sanofi oder Thermofisher Scientific mit.

Herbert Pachler, 6. Juni 2023