… ai no Digas!

6. Juni 2023

Interview mit Mag. Philipp Lindinger anläßlich des Life Science Days in Wien.

Herr Lindinger, kurz ihr Weg zur jetzigen Position als Geschäftsführer der Austromed.

Ich begann bei Herba Chemosan in der Organisation & Logistik in der Zeit des Neubaues in Simmering. In einem Intermidiate beendete ich mein Wirtschaftsstudium, um danach gleich wieder bei Herba Chemosan bei Vorstandsvorsitzenden Dr. Windischbauer als Vorstandsassistent einzusteigen. Nach ca. einem Jahr übernahm ich im Konzern die Bereichsleitung Logistik bei der Tochterfirma Sanova. 2010 wechselte ich dann in die Geschäftsführung bei Austromed.

Was sind so ihre Big Points im Job im Moment?

Nun, hauptsächlich die beiden Themen: MDR und IVDR. MDR – die EU-Medizinprodukteverordnung und IVDR – jene über –In-vitro-Diagnostika. Beides sehr herausfordernde Themen, die wir auf EU-Ebene weiterbringen müssen, da wir in Europa einen enormen Innovationsverlust gegenüber Amerika aufgrund des  neuen Rechtsrahmens haben. Daraus folgend ergibt sich dann natürlich auch in Österreich vieles Neue für das neue Medizinproduktegesetz. Und dabei die gesamte Branche unter einen Hut zu bekommen, ist unser deklariertes Ziel.

Kommen wir zu unserem Gesprächsziel den Digas. Was sind Digas?

Die Definition in Deutschland, wo es ja schon ein Gesetz dafür gibt, sind das zugelassene Medizinprodukte  – wir sprechen da nicht von Lifestyleprodukte sondern um medizinische Softwareprodukte, die eine eigene Zulassung benötigen. Eine sogenannte CE-Zertifizierung haben müssen. Zudem müssen sie für den Patienten eine unterstützende Therapiemaßnahme darstellen. Es geht dabei nicht um die Zulassung als solche, sondern um die Frage der Erstattung. 

Gibt es in Österreich schon Digas, die eine Erstattung haben?

IIm Gegensatz zu Deutschland leider noch nicht. Zuständig dafür wäre die ÖGK bzw. der Dachverband, der sollte das in ein Regelwerk bringen. 

Gibt es da schon Strukturen. Ich denke da an die „Benannten Stellen“

Die Aufgabe einer Benannten Stelle ist es, Produkte nach genauen Kriterien zu zertifizieren. Sie stellt ein CE-Zertifikat aus, das Ausgangsbasis für die Inverkehrbringung und somit die Verhandlung mit den Payern ist. Ähnlich dem Erstattungsprinzip von Medikamenten. Der Rahmen dafür wird noch gesucht. 

Gibt es eine Liste von zertifizierenden Stellen also sogenannten „Benannten Stellen“?

Ja die Nando-Liste. Hier können alle Zertifizierungs- Stellen europaweit eingesehen werden. In Österreich sind die Jahre ohne eigene Benannte Stelle Gott se Dank vorbei, seit Jahresbeginn haben wir wieder eine – vorerst für In-vitro-Diagnostika, eine Benennung für Medizinprodukte gemäß MDR soll noch heuer folgen. Das ist für den Standort Österreich extrem wichtig, zumal diese europaweit agieren. 

Welche Produkte werden in Deutschland schon erstattet?

Soweit ich weiß, im Bereich Depressionen speziell in der Psychotherapie und auch im Bereich Tinitus. Da sich AUSTROMED um den künftigen Erstattungsprozess und nicht um die einzelnen Produkte einsetzt, ist mir dies nicht vollumfänglich bekannt.

Und international?

Nachgezogen hat Belgien und Frankreich. Bei uns in Österreich fehlt im Moment der politische Auftrag, ein Gesetz durchmatchen.

Wer sind in Europa die großen Player im Bereich der Digas?

Sicher Medtronic und Roche Diagnostic.

Danke Herr Lindinger für den Einblick in eine doch sehr komplexe Materie und alles Gute bei Ihrem Bemühen um unsere Gesundheit.

*”Benannte Stelle” bezeichnet eine Konformitätsbewertungsstelle, die gemäß der MDR oder IVDR benannt wurde (Art 2 Z 42 MDR bzw. Art 2 Z 34 IVDR). Benannte Stellen führen – abhängig von der Risikoklasse der Medizinprodukte – Prüfungen und Bewertungen im Rahmen der vom Hersteller durchzuführenden Konformitätsbewertung durch und bescheinigen deren Korrektheit nach einheitlichen Bewertungsmaßstäben. Quelle: WkO – https://www.wko.at/branchen/handel/foto-optik-medizinproduktehandel/Benannte-Stelle.html

Herbert Pachler, 6. Juni 2023