Österreichs Pharmamarkt könnte heuer um über fünf Prozent wachsen – und damit auch die Arzneimittelausgaben der Sozialversicherungsträger. Das Umsatzplus könnte 5,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr ausmachen, prognostizierte die Österreich-Chefin des Marktforschungsunternehmens IMS Health, Mag. Erika Sander, am Montagabend auf einer Veranstaltung des Pharma Marketing Clubs Austria (PMCA) in Wien. Damit werden frühere Prognosen in den Schatten gestellt, wonach in den europäischen Stamm-Märkten vor allem Stagnation droht.
Maßgebliche Umsatztreiber werden Spezialarzneimittel sein. Sie haben schon 2014 für einen enormen Umsatzschub gesorgt. Im vergangenen Jahr könnten die weltweiten Pharma-Bruttoumsätze deswegen erstmals die 1-Billion-Dollar-Marke gesprengt haben. Zugpferde sind vor allem die neuen systemischen Antiinfektiva gegen Hepatitis C (HCV), wie etwa der NS5B-Polymerase-Hemmer Sofosbuvir (Sovaldi®). Hersteller Gilead soll damit im vergangenen Jahr weltweit rund zehn Milliarden US-Dollar erlöst haben. Andere Anbieter werden folgen, die Pipelines sind gut gefüllt mit neuen Wirkstoffen gegen Hepatitis C.
In Österreich liegt der Pharmaumsatz laut IMS Health in diesem Jänner wegen der neuen HCV-Arzneien rund 8 Prozent über dem aus dem Vorjahresmonat. Im vergangenen Jahr 2014 ist der Pharmaumsatz den Daten zufolge hierzulande um 5% gewachsen, während die Menge verkaufter Arzneien beinahe gleichgeblieben ist. Und in dieser Auswertung fehlt noch der Monat Dezember mit seiner Grippewelle. Die dürfte einen weiteren kleinen Umsatzschub bringen.
Weltweit dürfte der Pharma-Umsatz laut IMS im vergangenen Jahr sogar noch stärker gestiegen sein – um rund 7%. Und der Trend zeigt weiter nach oben: Für 2018 erwartet IMS Health einen weltweiten Pharmaumsatz von 1,3 Billionen US-Dollar. Das große Plus vergangenes kam vor allem aus den USA. Hier sollen die Umsätze gar um bis zu 12 Prozent zugelegt haben.
In den USA gibt es wegen der Dominanz der privaten Krankenversicherung keine zentrale staatliche Preisverhandlungsinstanz, die kostendämpfend auf die Arzneipreisbildung Einfluss nehmen könnte. Anders in Ländern wie Kanada, Großbritannien oder Deutschland. Dort werden Arzneipreise etwa über Nutzenbewertungen oder Kosten-Nutzen-Bewertungen verhandelt bzw. Preisobergrenzen wie Festbeträge festgelegt – neben weiteren Instrumenten wie etwa dem deutschen Zwangsrabatt.
Die Relevanz des „alten Europas“ als Pharmamarkt sinkt deswegen. Bis zum Jahr 2018 werden die USA gemeinsam mit den sogenannten „Pharmerging Markets“ (Schwellenländer wie China, Brasilien, Indien und die Türkei) über 60 Prozent des weltweiten Pharmaumsatzes verantworten. Rund 80% des Wachstums wird dann aus diesen Ländern kommen.
Und so wird auch Österreich aus den Top-30-Liste der wichtigsten Pharmamärkte verschwinden: von heute Platz 24 wird die Alpenrepublik dann laut IMS Health auf Platz 32 landen, überholt unter anderem von Indonesien und Argentinien. (nös)