Ärzte für Impfpflicht

6. März 2015

impfungÖsterreichs Ärzte sprechen sich angesichts neuer Masernfälle mehrheitlich für eine Impfpflicht aus. In einer Blitzumfrage der Medizin Medien Austria stimmten 57,7% der Allgemeinärzte, Pädiater und Internisten für eine solche Pflicht. Befragt wurden mehr als 700 Ärzte*) über das Ärzte-Befragungstool MindMaker. Für Allgemeinmediziner sind die Ergebnisse repräsentativ. Österreichs Ärztebasis widerspricht damit der Position von Kammern und Politik, die eine Impfpflicht ablehnen.

Nahezu jeder vierte befragte Arzt fordert demnach eine generelle Impfpflicht (24,7%), die Mehrheit wünscht sie sich jedoch nur für Erkrankungen, die die WHO ausrotten will (29%). Ein geringer Teil der Ärzte würde eine Impfpflicht auf Krankheiten begrenzen, die in Folge einer Epidemie aufgetreten sind (4%).

Deutlich werden Unterschiede zwischen den Ärztegruppen: Unter Spitalsärzten ist die Forderung nach einer Pflicht zur Impfung mit 69,8% ausgeprägter als bei niedergelassenen Ärzten (54,9%). Vehementer ist die Forderung zudem bei Internisten (71,5%) als bei Kinderärzten (59%) und Allgemeinmedizinern (54,6%).

Jeder fünfte befragte Arzt würde statt einer Impfpflicht lieber die Aufklärung verstärken und nimmt sich selbst damit in die Pflicht (20,4%). Und mehr als jeder Zehnte äußert die Befürchtung, dass eine Impfpflicht verfassungswidrig wäre (13,5%). Nur insgesamt drei Prozent der befragten Ärzte outeten sich als Skeptiker und gaben an, Masern seien harmlos, die Erkrankung dürften Kinder „ruhig durchmachen“, oder Impfstoffe hätten potenziell mehr Nebenwirkungen als Nutzen.

So steht die absolute Mehrheit der Ärzte deutlich hinter der Masernimpfung: 92,9% der Befragten geben an, dass die eigenen Kinder geimpft sind. Bei Kinderärzten und Internisten ist diese Aussage häufiger als bei Allgemeinärzten (98,7 und 97,8 versus 90,1%). Die Zahl deckt sich mit den Durchimpfungsraten gegen Masern bei Kindern und Jugendlichen. Beeindruckend: Jeder fünfte Arzt (21,8%) fordert von seinem Praxispersonal, gegen Masern geimpft zu sein. Auch dieser Wert ist bei Kinderärzten mit 32,7% noch ausgeprägter.

Österreich zählt heuer bereits fast 50 Masern-Fälle. In Deutschland herrscht eine Epidemie mit rund 600 Erkrankten. Dort war jüngst ein Kleinkind an den Folgen gestorben. Seither sprechen sich deutsche Politiker sowie die dortige Bundesärztekammer für eine Impfpflicht aus. Nach dem Willen der Weltgesundheitsorganisation WHO hätten die Masern bis spätestens 2015 ausgerottet worden sein sollen.

Ergebnisse im Detail

Frage: Braucht Österreich eine Impfpflicht?
24,7% – Ja, und zwar für alle impfpräventablen Erkrankungen.
29,0% – Ja, allerdings nur für Infektionskrankheiten mit WHO-Eradikationszielen.
4,0% – Ja, jedoch nur im Falle von Epidemien wie jetzt bei den Masern.
20,4% – Nein, wir Ärzte sollten mehr aufklären.
2,8% – Nein, wir sollten aber für Impfungen besser honoriert werden.
5,6% – Nein, eher sollten Impfungen in Kindergärten und Schulen angeboten werden.
13,5% – Nein, eine Pflicht zur Impfung halte ich für verfassungswidrig.

Frage: Wie stehen Sie zur Masern-Impfung im Speziellen? (mehrere Antworten möglich)
92,9% – Alle meine Kinder waren/sind geimpft, bzw. wären es, wenn ich welche hätte.
21,6% – In meiner Ordination dürfen nur Mitarbeiter arbeiten, die eine Masernimpfung hatten.
11,2% – Ich wäge von Fall zu Fall ab und erkläre Eltern Vor- und Nachteile der MMR-Impfung.
1,5% – Eine Masern-Erkrankung dürfen Kinder ruhig durchmachen, weil ihr Immunsystem dadurch gestärkt wird.
0,1% – Masern sind doch harmlos. Ich verstehe die ganze Aufregung nicht.
1,4% – Die Impfstoffe haben für mich potenziell mehr Nebenwirkungen als Nutzen.

Befragte Ärzte
487 Allgemeinmediziner
156 Pädiater
91 Internisten

*) Die Umfrage ist repräsentativ für Allgemeinmediziner (maximaler Stichprobenfehler 5%). Die Ergebnisse liefern eine Trend-Aussage, die sich mit Ergebnissen anderer Befragungen deckt. Teilgenommen haben via Online-Fragebogen 732 niedergelassen Allgemeinärzte und Internisten sowie niedergelassene und im Spital tätige Pädiater (Umfragezeitraum: 26.02., 18 Uhr, bis 2.03., 7:30 Uhr).